27.1.2022

«Am besten fängt man gar nicht erst damit an!»

Anlässlich der kommenden Abstimmung betreffend Kinder ohne Tabak haben wir mit unserem Lungenspezialisten Dr.med. Jean-Luc Kurzen über seine Arbeit mit Patientinnen und Patienten gesprochen, die an einer Lungenkrankheit leiden.


Jean-Luc Kurzen, welche Lungenkrankheiten können durch das Rauchen entstehen?
Es sind vor allem zwei Erkrankungen, die uns gesamtgesellschaftlich und auch in der Betreuung unserer Patienten stark beschäftigen. Das ist einerseits die COPD eine chronisch obstruktive Bronchitis, andererseits der Lungenkrebs.

Kannst du uns diese beiden Erkrankungen kurz erklären?
Bei der COPD kommt es zu einer Einengung der Atemwege die mit Luftknappheit im Alltag einhergeht. Für die Betroffenen bedeutet das eine massive Einschränkung der Lebensqualität. Beim Lungenkrebs ist es so, dass 90% der Lungenkrebsfälle bei Männern auf das Rauchen zurückzuführen sind. Bei Frauen sind es mindestens 60 bis 70%. Sowohl bei der COPD als auch beim Lungenkrebs ist der Zusammenhang mit dem Rauchen eindeutig belegt.

Was atmet man beim Rauchen einer Zigarette ein?
Mit jeder Zigarette werden über 60 krebserregende Substanzen eingeatmet. Darunter Blei, Arsen, Ammoniak oder sogar radioaktive Substanzen. Nur schon durch das Einatmen dieser Substanzen kann Lungenkrebs entstehen. Durch die chronische Einatmung dieser entzündungsfördernden Substanzen entsteht die COPD.

Spielt es eine Rolle was geraucht wird?
Jegliches Rauchen kann zu den genannten Lungenerkrankungen führen. Es ist egal ob man Zigarette, Pfeife, selbstgedrehte Zigaretten oder Zigarren raucht.

Sind E-Zigaretten weniger schädlich?
Wahrscheinlich sind die E-Zigaretten weniger schlimm, hier sind die Bücher jedoch noch nicht geschlossen. Beim erhitzten Tabak (z.B. IQOS) geht man von ähnlichen Gesundheitsbedenken aus wie bei der Zigarette. Allerdings ist hier die Tabakmenge deutlich geringer als bei der klassischen Zigarette und es gibt noch weniger Daten hierzu.

Kommt es darauf an, wie viele Zigaretten jemand pro Tag raucht?
Es kommt schon darauf, wie viel man raucht. In diesem Zusammenhang spricht man davon, wie viele Packungsjahre jemand geraucht hat, also wie viele Packungen Zigaretten pro Tag über wie viele Jahre konsumiert wurden. Eine COPD tritt meistens nach 10-20 Packungsjahren auf, also wenn während 10 bis 20 Jahren eine Packung Zigaretten pro Tag geraucht wurde. Es gibt hier jedoch viele genetische Faktoren die wir noch nicht kennen, sodass auch Patientinnen und Patienten mit sehr geringem Zigarettenkonsum bereits eine schwere COPD entwickeln können.

"Auch wenn man professionelle Unterstützung beizieht, um mit dem Rauchen aufzuhören, liegt die Ausstiegsrate bei höchstens 20%. Dies ist ernüchternd."

Dr. med. Jean-Luc Kurzen, Leitender Arzt Medizin

Lohnt sich ein Rauchstopp zu jeder Zeit?
Ein Rauchstopp lohnt sich immer. Neuere Studien zeigen, dass sich die Lebensqualität auch bei einem relativ spätem Rauchstopp verbessert. Auch bei Raucherinnen und Rauchern, die bis zum 60. Lebensjahr geraucht haben, kann noch eine Verlängerung des Lebens um bis drei Jahre erreicht werden.

Welche Methoden empfiehlst du Personen, die mit dem Rauchen aufhören möchten?
Das Allerbeste ist natürlich, wenn man gar nicht erst damit beginnt. Deshalb sollten insbesondere Kinder und Jugendliche vor Zigarettenwerbung geschützt werden. Die Initiative "Kinder ohne Tabak" zielt in diese Richtung, was ich sehr begrüsse. Wenn man einmal abhängig ist, ist der Ausstieg für viele schwierig. Auch wenn man professionelle Unterstützung beizieht, um mit dem Rauchen aufzuhören, liegt die Ausstiegsrate bei höchstens 20%. Dies ist ernüchternd. Wir machen im Alltag gute Erfahrungen mit der Beratung unserer Patientinnen und Patienten, allerdings haben wir auch viele die trotz Beratung und auch trotz bereits entsprechenden Vorerkrankungen weiterhin rauchen. Deshalb ist der Schutz der Jugendlichen und Kinder so wichtig.

Was machen Sie mit einem Patienten der bereits eine fortgeschrittene COPD hat?
Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittener COPD begleiten und beraten wir in unserer Sprechstunde. Oft verschreiben wir Medikamente die zu mehr Luft im Alltag und zu weniger akuten Verschlechterungen führen. Impfungen (Grippe-Impfung, Corona-Virus-Impfung, Pneumokokken-Impfung) können akute Verschlechterungen verhindern.
Weiter kann bei der COPD oft durch körperliches Training eine Verbesserung im Alltag erreicht werden. Deshalb bieten wir auch ein ambulantes, pulmonales Rehabilitationsprogramm an und unterstützen Patientinnen und Patienten auf ihrem Weg mit der chronischen Krankheit.
Beim Rauchstopp unterstützen wir die Patienten mit Nikotinersatz-Präparaten (Pflaster, Kaugummi) oder allenfalls mit Champix, einem Medikament das die Lust auf das Rauchen nimmt. Auch denken wir bei der COPD immer auch an die typischen Begleiterkrankungen wie Osteoporose, Depression und periphere arterielle Verschlusskrankheit.

Die Abstimmung vom 13. Februar 2022 liegt dir sehr am Herzen, weshalb?
Weil es das Beste ist, wenn man nicht mit dem Rauchen anfängt und hier sollten wir unsere Kinder und Jugendlichen unterstützen und vor den negativen Folgen des Tabakkonsums schützen!

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