28.4.2025

Orthopädische Spitzenmedizin in Wohnortnähe

Mit der neuen Klinik für Orthopädie und Traumatologie Balgrist – Spital Männedorf unter der Leitung von Prof. Bouaicha hat im Oktober 2024 für das Spital Männedorf eine neue Ära begonnen. Was das für die medizinische Versorgung der Region bedeutet und warum der enge Zugang zu Forschung und Lehre so entscheidend ist – darüber spricht Prof. Bouaicha im Interview.


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Orthopädische Spitzenmedizin in Wohnortnähe

Prof. Bouaicha, im Oktober 2024 haben Sie Leitung der neuen Klinik für Orthopädie und Traumatologie Balgrist – Spital Männedorf übernommen. Wie war der Einstieg?

Ich muss sagen, diese sechs Monate sind wie im Flug vergangen. Wenn ich mich an die Startphase erinnere, dann fühlte sich das zu Beginn an, wie auf einen fahrenden Schnellzug aufzuspringen.  Das funktioniert nur mit einem Team, das gut sprinten kann.  Und genau das hatte ich. Ich durfte einerseits eine top Crew aus dem Balgrist mitbringen und andererseits wurden wir mit offenen Armen nicht nur herzlich, sondern auch kompetent in Männedorf in Empfang genommen. Mein besonderer Dank gilt da der Spitalleitung, den Kollegen in der Viszeralchirurgie, dem chirurgischen Sekretariat, das ab Tag Eins volle Leistung gebracht hat und auch allen anderen Abteilungen, die für uns den Einstieg nicht nur angenehm, sondern auch effizient gestaltet haben.

Wie Ihre Illustration mit dem fahrenden Zug veranschaulicht haben Sie zwar eine bestehende Klinik übernommen, dies aber mit einem neuen Team und in leitender Position. Was haben Sie sich als Klinikleiter zum Ziel gesetzt?

Die Grundlage der neuen Aufgabe ist die Kooperation mit der Universitätsklinik Balgrist. Wir kommen vom Balgrist und arbeiten alle weiterhin parallel am Balgrist. Und wir möchten die Art der Medizin wie wir sie bisher praktiziert haben – von der patientenzentrierten Philosophie bis zu modernen, evidenzbasierten Behandlungsverfahren – hierher nach Männedorf bringen und umsetzen.

Was bedeutet das konkret?

Im Vordergrund steht unsere individuelle Subspezialisierung. Wir haben für jedes Gelenk einen hochspezialisierten Experten. Das fängt unten beim Fuss an, geht über das Knie, die Hüfte, den Ellbogen und die Schulter – welche meine Spezialitäten sind – bis zur Wirbelsäule. Jeder ist auf sein Gebiet fokussiert und vertieft laufend seine Expertise entlang dem neusten Stand der Forschung. Das ist der Ansatz den wir vom Balgrist mitbringen.

Sie haben die orthopädische Forschung erwähnt. Inwiefern profitiert das Spital Männedorf davon?

Dadurch dass wir alle gleichzeitig weiterhin am Balgrist arbeiten, betreiben wir weiterhin das Daily Business einer Universitätsklinik, wozu natürlich die Forschung gehört aber auch die Lehre – die Ausbildung von Studenten und von jungen Ärztinnen und Ärzten.

Inwiefern profitiert das Spital Männedorf davon?

Inhaltlich sicher indem wir evidenzbasierte Medizin auf dem neusten Stand der Forschung betreiben, die wir direkt auf die hiesigen Patientinnen und Patienten anwenden, aber auch auf die Ausbildung unserer Assistenz- und Oberärzte übertragen. Praktisch heisst das, dass wir unter anderem auch Zugang zu den neuesten Journals/Publikationen ermöglichen und direkten Zugriff auf die die Weiterbildungsinfrastruktur des Balgrist haben. In Zukunft könnte sich daraus möglicherweise eine Option für Rotationen von auszubildenden Ärztinnen und Ärzten entwickeln. Das wird sich noch zeigen.

Im Bereich Wirbelsäulenchirurgie besteht die Kooperation mit dem Balgrist schon länger in Form des universitären Zentrums für Wirbelsäulenchirurgie. Wie geht es da weiter?

Das universitäre Zentrum für Wirbelsäulenchirurgie war im 2023 sozusagen der Türöffner für die heutige gesamthafte Kooperation im Bereich Orthopädie und Traumatologie und wird weiter in dieser Form bestehen bleiben. Neu ist seit Januar 2025 unser Teamkollege Dr. med. David Bauer Standortleiter.

Gibt es so etwas wie eine Maxime, nach welcher Ihr Team arbeitet?

Ja, wir tragen alle die Balgrist DNA in uns, was bedeutet, dass wir sehr konservative orthopädische Chirurgen sind. Für uns ist es sekundär, ob ein Problem über den konservativen oder chirurgischen Weg gelöst wird. Hauptsache für unser Team ist, dass wir zum gewünschten Ziel kommen und das Leiden unserer Patientinnen und Patienten erfolgreich behandeln können.

In welchem Verhältnis stehen sich denn konservative und operative orthopädische Behandlungen gegenüber?

Die Quote liegt zwischen 1:10 und 1:20. Es ist der Grossteil der Probleme, die wir konservativ lösen können. Das ist den meisten Leuten gar nicht bewusst.

Was ist in Ihren Augen zusammengefasst gesehen der grösste Vorteil der Kooperation Balgrist – Spital Männedorf?

Für die Patientinnen und Patienten der Region bedeutet das, dass sie nicht mehr diese ca. 20 Kilometer nach Zürich reisen müssen, um hochspezialisierte Medizin zu bekommen. Ausser in ganz speziellen Fällen. Wir haben die Kollaboration so aufgegleist, dass in sehr komplexen Situationen Patientinnen und Patienten auch am Balgrist behandelt werden. Aber für die grosse Mehrheit der Patienten bedeutet das, dass wir die Spitzenmedizin an die Goldküste bringen und alle davon profitieren können.